Treppentrouble
Treppensteigen gehört zum hügeligen San Francisco einfach dazu — deshalb nehmen wir uns heute ein bisschen Zeit, um genau das zu tun. Wir starten von Chinatown aus an den Filbert Steps, die uns zum Telegraph Hill bringen sollen.
Die Treppen sind aufgebaut wie normale Straßen auch — es gibt Straßenschilder, Hydranten und zu beiden Seiten gehen Zugänge zu den ziemlich schicken Häusern des Viertels ab, durch deren schön angelegte Vorgärten die Filbert Steps verlaufen.
Auf dem Telegraph Hill angekommen schauen wir uns den weißen Coit Tower und die zugehörige Schlange von außen an, beschließen, nicht hoch zu gehen, und bewundern lieber die Aussicht auf die Baybridge und die Bucht San Franciscos.
Wir laufen die Treppen wieder runter, ich merke an, dass ich die sagenumwobene Parkuhr der Treppen noch nicht entdeckt habe, Jan guckt mich genervt an, wir laufen die nahegelegenen Greenwich Steps (gleiches Konzept) hoch, Jan nörgelt bei jeder Stufe.
In einem etwas verwilderten Garten stoßen wir auf die Wächterin des Schatzes — eine ältere Chinesin, die gefühlt ewig genau da ihre Tai Chi Übungen macht, wo ich die mythische Parkuhr vermute. Wir harren geduldig aus und finden tatsächlich die Parkuhr Nummer 568 47610, die hier, von Pflanzen überwuchert, neben einer Bank im Garten neben den Treppen steht. Warum? Gute Frage — Parken kann man hier zumindest nicht.
Notiz an uns: Eine Session Tai Chi dauert ca eine halbe Stunde.
Nachdem unser morgendliches Treppenprogramm abgearbeitet ist, zieht es uns wieder in die nahegelegene Chinatown — wir essen zu Mittag, verpassen knapp die Öffnungszeiten eines winzigen Tempels, finden einen Milk Tea Laden und sehen die Architektur des Stadtteils mal bei Tageslicht. Funfact: Der Stil, in dem die meisten Gebäude hier errichtet sind, war in China schon seit hunderten Jahren veraltet, als die Stadt gebaut wurde.
Ein nettes Detail: In den Pagoden, die in China nur für religiöse Bauten und Tempel verwendet wurden, sind hier in Amerika meist Banken untergebracht. Go figure. [ref]
In den Gebäuden selbst finden wir unzählige interessante kleine Geschäfte — von billigem Krimskrams über Schmuck und Kronleuchter bis hin zu einem Laden für chinesische Kunst und Kalligraphie, der sich als Kunstgalerie anpreist. Im Keller der chaotischen 'Galerie' sitzt ein kleines Mädchen zwischen hunderten Bildern an einem großen Schreibtisch und zeichnet vor sich hin während ihr Vater im Hinterzimmer Bilderrahmen umherträgt.
Der nächste Tag
Wir haben für 13:30 Tickets für das Museum of Modern Art und vorher nichts vor — sollte machbar sein, oder? Vor 13:50 schaffen wir es trotzdem nicht, das mittagliche Frühstück braucht wohl zu viel Zeit.
Das SF MOMA ist bis jetzt das am besten besuchte Museum auf unserer Reise: An den Kassen stehen ordentliche Schlangen und ich bin froh, unsere Tickets schon online reserviert zu haben. Die Ausstellungen zeigen hochklassige Kunstwerke, von denen das ein oder andere auch schon in Kunstarbeiten von mir vorgekommen ist, im Vergleich zu anderen Museen aber relativ wenig bahnbrechendes / neues / zeitgenössisches.
Für Jan punktet das MOMA mit schnellem, kostenlosen Internet — immerhin etwas.
Eigentlich wollten wir danach noch in den Golden Gate Park fahren — als wir aus dem Museum kommen steht die Sonne dann aber schon erschreckend tief und der Transport zum Park wird schwieriger als gedacht. Der Winter verträgt sich nicht gut mit unserem Tagesrhythmus.
Stattdessen setzen wir uns in eine der hübschen historischen Straßenbahnen und fahren noch mal zum Ghiradelli Square.
Anschließend machen wir uns auf die lange Busfahrt zurück zur Dublin Street und unserem Apartment. Dort wird mal wieder richtig gekocht — semi-homemade Burger mit Tiefkühlpommes.
Nachdem wir selber zum Staubsauger gegriffen haben und das ganze Apartment sauber gemacht haben, sowie unsere Bettwäsche gewaschen, fällt es uns auch leichter, sich in unserer Unterkunft wohl zu fühlen - wenn da nur nicht dieser nervige Marihuanageruch wäre...