Going Somewhere

Das magische Baumhaus
January 14th 2017

Die Situation ist unkritisch

Mit Jan, Nils und Willi

Wir sitzen im Bus nach Puerto Viejo, eine Unterkunft für heute Nacht haben wir noch nicht, es wird draußen langsam dunkel. Willi sieht die Situation 'unkritisch'.
Puerto Viejo ist so touristisch, da finden wir bestimmt noch was.
Der Bus bleibt stehen, die Motorhaube wird aufgeklappt. Willi sieht die Situation unkritisch.
Standard in Mittelamerika. Zum Glück hat's hier niemand eilig oder muss zu Zeiten ankommen, zu denen Rezeptionen noch geöffnet sind.
Wir stehen zwei Stunden lang am Straßenrand im Nirgendwo vor einer Kirche, aus der Gesang zu uns herausklingt. Nils und Jan werfen Kokosnüsse* von Palmen und hacken mit Steinen darauf ein.
Willi sieht die Situation unkritisch.
Eine Stunde länger und Beck und Paul hätten Lord of the Flies nachgespielt.
Ein Ersatzbus kommt, wir fahren weiter durch den Dschungel. Das Meer wirkt im Vollmondlicht wie erstarrt, ab und zu ziehen die schwarzen Silhouetten von Palmen und Bäumen vorbei. Das spontan gebuchte Hostel ist sechs Kilometer von unserer Endstation entfernt. Willi sieht die Situation unkritisch.

*Anknüpfend an mein warmes Papayagelobe beim letzten Mal hier eine kurze Hommage auf die Kokosnuss. Trotz ihres so weitreichenden Auftretens bleibt die Kokosnusspalme von den meisten Nicas bzw. Ticos meist unberührt. Teilweise verständlich, denn klettern ist nicht Jedermanns Sache und oft notwendig, um die reifen und noch nicht von Affen aufgebissenen Kokosnüsse abzugreifen. Doch sind sie dann mal unten lassen sich mit einer Machete schnell und unkritisch die Nüsse öffnen, die fast immer leckere Kokosmilch enthalten. Gratis und deutlich besser als in deutschen Supermärkten. Kokosfleisch ist schwieriger zu finden, da die mehrheitlich verbreiteten Kokosnussspezien sehr hart und dick, und anders als die in Deutschland bekannten außerdem meist gelb oder grün sind.

Währenddessen steht Jan, der die Situation mangels panamesischer Gelassenheit weit weniger unkritisch sieht, kurz vor drei verschiedenen, simultanen Nervenzusammenbrüchen. Ich befinde mich irgendwo zwischen Jan und Willi und höre Podcasts, der andere Nils scheint sich ähnlich zu positionieren.

"Ach die 6 Kilometer jogge ich einfach zum Hostel" — Zitat Willi. Diese Gelassenheit teile ich auch aufgrund der späten Uhrzeit leider nicht.

Gegen einen kleinen Nachtspaziergang sprach tatsächlich nur das Gepäck. Ein nicht 6 km entferntes Hostel wurde uns in den ersten Minuten nach Ankunft in Puerto Viejo bereits empfohlen. Die-Mutter-der-Porzellankisten-Fraktion unserer harmonischen Reisegruppe bestand jedoch darauf, bereits ein Hostel zu buchen (Das zugegebener Maßen auch großartig war). (Danke für die Klammer) (Lieber zu viele Klammern als zu wenige, besonders bei Stochastik oder Infinitisimalrechnung)

Ein Hoch auf zentralamerikanische grenzübergreifende Internetverträge.

Nachdem uns der grinsende Taxifahrer das Prinzip von Angebot und Nachfrage (Angebot: 1 Taxi, Nachfrage: groß.) ins Gedächtnis ruft, kommen wir schließlich doch im Hostel an — einem wunderschönen, eigenartigen Holzgebäude, das zu fast allen Seiten offen ist.

Taxifahrer ist man hier bereits, wenn man ein Auto besitzt und nichts dagegen hat, Touristen skrupellos abzuziehen.
A view out of a very open wall construction showing tropical greenery and a hammock
Baumhausfeeling
Von schreienden Affen und anderen Urwaldgeräuschen werden wir unter Mückennetzen im dritten Stock unseres seltsamen Baumhauses in den Schlaf gesungen.

Ein sehr interessantes Erlebnis, mitten in der Natur zu schlafen. Der prasselnde Regen hatte etwas sehr beruhigendes. Dabei konnte ich mich von den Strapazen der Reise und dem Stress, den offensichtlich nur ich hatte, erholen.

Der nächste Morgen

Irgendwann merke ich im Halbschlaf, dass Willi schon aufgestanden ist, mache mir (wie Jan und Nils) aber nichts draus und schlafe noch ein bisschen weiter. Dank der offenen Konstruktion des Hauses ist es erstaunlich kühl und in unseren Betten lässt es sich gut aushalten.

Morgens kann man am besten Laufen gehen und der Strand war schön, wenn auch verregnet.
A pink-framed mirror hanging on a rope among tropical green plants
Spieglein Spieglein
Am späten Vormittag schälen wir uns nacheinander aus unseren Netzen und bewegen uns ein Stockwerk tiefer ins Wohnzimmer. Aus dem Urwald um uns hört man schon wieder die Grillen zirpen — hier fühle ich mich wirklich wie in einem Urwaldcamp.

Beziehungsweise wie im bald beginnenden Dschungelcamp. Wer freut sich schon drauf? Ich mich nicht.

Die erste Hälfte des Tages verbringen wir dank laxer Checkout-Politik hier, spielen Darts und hören Musik.
Willy playing darks topless in a half-open terrace with pink wooden walls
Darts WM
Gegen zwei nehmen wir den Bus nach Downtown Puerto Viejo, das für deutsche Standards ein winziges, aber hübsches Touristendörfchen ist, hier aber als 'Stadt' durchgeht.
Den Bus nach Panama haben wir verpasst, also essen wir im 'Roadkill Grill' des ausgewanderten 'Outback Jack' — einer sehr skurrilen Bar/Restaurant Kombination — zu Mittag und suchen uns ein neues Hostel für die Nacht.

Schade, dass es kein Faultier gab.