Going Somewhere

Grenzerfahrungen
January 19th 2017

... mit Jan und Willi

Nach einem schnellen Frühstück im Hostel fahren wir mit dem Bus an die Grenze zu Panama.
An einem kleinen Kiosk kaufen wir Ausreisemarken, und warten dann darauf, dass uns ein Beamter den Ausreisestempel in den Pass setzt. Danach geht es auf einer ziemlich überwucherten Stahlbrücke, die so wirkt, als hätten im kalten Krieg Gefangene darüber ausgetauscht werden können, über den schlammig braunen Grenzfluss.

Bridge of Spies lässt grüßen
An asphalt road leading over a bridge with forest to one side and arched metal constructions of an older bridge to the other side
Grenzübergang
Auf der anderen Seite bezahlen wir noch mal, diesmal bekommen wir dafür eine kleine Papiermarke, für die sich im Endeffekt doch niemand so richtig interessiert.
Gut, theoretisch hätte es hier bestimmt auch niemanden gestört, wenn wir einfach an den Grenzhäuschen vorbei über die Brücke gelaufen wären...

Ich habe mir keine Marke gekauft, was auch niemanden gestört hat.

Die Einreisebehörde Panamas will Willi, den einzigen in unserer Gruppe, der eine permanente Aufenthaltsgenehmigung für Panama hat, aber erstmal mangels Rückflugticket nicht reinlassen.

Dass man bei einem Freiwilligendienst $450 für genannte Aufenthaltsgenehmigung zahlen muss, sagt einem auch keiner bei der Bewerbung.

Das Visum, das seit 6-7 Monaten auf sich warten lässt und theoretisch schon im System vorhanden sein sollte, erweist sich als deutlich weniger hilfreich als ein unverbindliches Reiseangebot vom Anfang des vergangenen Jahres, das Willi aus den Tiefen seines E-Mail Postfachs herauskramt. Mit zugekniffenen Augen und ohne Deutschkenntnisse sieht das vielleicht aus wie ein Flugticket.

Sogar ein Blinder hätte erkannt, dass es sich um kein Flugticket handeln kann. Fun fact: 2017 stand auch nirgendwo.

Während Willi lautstark auf Spanisch mit verschiedenen Grenzbeamten diskutiert (Nils muss das Wort 'Klage' nachschauen...) und Jan die Situation eher kritisch sieht, helfen wir einem älteren Deutschen, der sich anscheinend nicht zwischen Ein- und Ausreise entscheiden kann.

Ich sah die Situation auch kritisch.

Schließlich sind die bürokratischen Hürden endlich genommen und wir finden einen 'Taxifahrer', der uns, eng gequetscht auf der Rückbank seines Pickups, mitnimmt nach Almirante. Der Fahrstil erinnert stark an Mario Kart oder GTA, ab und zu wird auch direkt neben einem Polizeiauto auf der Gegenfahrbahn überholt oder 'Chicas' auf der Straße nachgepfiffen.

Chicos auf der anderen Straßenseite werden auch gerne durch starkes Beschleunigen während einer Pfütze nassgemacht.

Nils und Willi unterhalten sich angeregt mit dem Fahrer, der seinen Fahrstil auch selbst als 'muy loco' anerkennt — dass es in Deutschland Kameras gibt, die Geschwindigkeitsübertretungen feststellen und Strafzettel verschicken, stößt auf ungläubiges Kopfschütteln: "Da würde ich nicht wohnen wollen".
Allein für den Unterhaltungswert hat sich die Fahrt auf jeden Fall gelohnt.

Auch wenn ich mich zu keinem Zeitpunkt der Fahrt sicher gefühlt habe, stimme ich dem zu.

Von Almirante nehmen wir ein Boot nach Bocas del Toro — eine Gruppe kleiner Inseln, die nur übers Wasser zu erreichen sind. Von der Hauptinsel, auf der die Stadt untergebracht ist, in der wir zu Mittag essen, setzen wir mit einem der unzähligen Wassertaxis auf eine kleinere Insel über, auf der sich die Aqua Lounge — unser Hostel — befindet.
A wooden pier running out into the ocean from a beach, leading to a tiny wooden house out on the water.
Strandlokal
Das ganze Gebäude befindet sich auf dem Wasser — im Boden entstehen aus zwei Aussparungen Pools mit Sprungturm, Schaukeln und Slackline.
An der Küste entlang führt uns ein teils mehr, teils weniger schlammiger Pfad etwa 15 Minuten lang zu einem sehr schönen Strand.

Die Location ist hier wirklich schön. Beim vielen Meer herum kommt sogar Urlaubsstimmung auf. Man wird zusätzlich auch noch gezwungen zu lesen, weil das Internet streikt.

Pirate Cinema

Abends fahren wir noch mal auf die Isla Colon, die Hauptinsel, auf der sich auch das Cine Cafe befindet — hier gibt es ein paar abgedunkelte Vorführräume, in dem wir uns auf Sitzsäcken einen Film unserer Wahl anschauen können. Weil man hier in Panama alles ein bisschen entspannter sieht, ist die Copyrightsituation hier recht locker: Die gut und gerne 400 Filme aus allen Epochen sind allesamt illegal aus dem Internet runtergeladen — eigentlich ein super Geschäftsmodell.
Nach einiger Diskussion fällt die Wahl auf 'The Truman Show'.

Mein Vorschlag Citizen Kane mit Orson Welles aus dem Jahre 1941 zu sehen, konnte leider nicht überzeugen. Jim Carrey war jedoch auch super.
duplicate?
Bocas Nightlife
Am nächsten Morgen machen wir uns geschlossen auf an den Strand und sind gefühlt erst angekommen, als Nils und Willi auch schon wieder los müssen — man will schließlich noch den höchsten Berg Panamas bezwingen, während Jan und ich in ein paar Tagen schon wieder weiter fliegen.
Genau wie Lagunen können auch Berge zu haben. Die 10h Busfahrt haben sich nicht besonders gelohnt. #youshallnotpass
Willi and Nils in a small boat being driven away from a pier
...and in case I don't see ya: Good afternoon, good evening and good night!
Den Rest des Tages bleiben wir am Strand und setzen zum Abendessen wieder auf die Isla Colon über — auf dem Weg wird Jan in eine sehr interessante Konversation verwickelt:
"Where are you from?" — "Germany" — "Oh, Germany... You gotta like cocaine, then?" — "Uhm, no?" — "What about Ecstasy?" - "Haha, no, gracias." — "Heroin? Acid? You gotta like something!" — "No." — "No?" — "No."

Alle, die uns hier Drogen verkaufen wollen sind sehr überrascht, dass wir weder Marihuana, noch Kokain oder ähnliches kaufen wollen.

Wenn einem in Gegenwart seiner Familie Koks angeboten wird, sollte man nicht mit "Ich nicht, aber vielleicht meine 14-jährige Schwester oder meine Eltern" antworten