Going Somewhere

Nachtrag
April 16th 2017

20:43, irgendwo über Novosibirsk

Ich schaue einen chinesischen Film und verfluche innerlich die Person, die es für eine gute Idee hielt, die Untertitel so winzig klein zu machen und dann auch noch eine weiße Schrift zu verwenden. Aber auch wenn ich in den helleren Szenen dem Dialog nicht wirklich folgen kann, ist der Film ganz unterhaltsam.
Und da noch etwa 6 Flugstunden übrig sind, gibt's jetzt das

Fazit Japan

To keep it short: It's pretty awesome. Tokio ist riesig und crowded und lebendig and I love it — wer schon mal in Seoul war, wird sich bestimmt auch in Tokio zu Hause fühlen. Gerade aus dem Flugzeug wird einem bewusst, wie unbeschreiblich riesig diese Stadt ist — trotzdem haben die einzelnen Viertel teilweise ein sehr angenehmes Kleinstadt feeling; Die meisten Häuser sind eher klein, viele sehen aus, als würden sie nicht aus einer der dichtbesiedelsten Städte der Welt kommen — hier ist alles eben nur ein bisschen dichter zusammengepackt.
Im Vergleich dazu fühlt sich Kyoto — mit über einer Million Einwohner auch nicht gerade klein — im ersten Moment zugegebenermaßen wie ein Downgrade an. Entlang der großen Hauptstraßen zeigt Kyoto nicht gerade viel Charakter und wirkt deutlich touristischer (sowohl japanischer als auch internationaler Tourismus) als Tokio. Sobald man aber in die kleinen Seitengassen eintaucht (Am besten immer Wege nehmen, die auf der Karte kaum als solche zu erkennen sind), findet man überall wunderschöne Straßen, kleine Häuser, Restaurants, Cafes und Tempel. Mehr Tempel als ihr euch vorstellen könnt.
A woman with a golden cat-shaped earring looking off into the distance, her dark brown hair flying in the breeze
In the distance
Und da ich ja, wie ihr wahrscheinlich unlängst gemerkt habt, generell ein Asien-Fan bin, fühle ich mich auch in der japanischen Kultur sehr wohl — man ist überall unglaublich freundlich, ohne aufgesetzt oder oberflächlich zu wirken, alles ist bis ins kleinste Detail durchorganisiert, was oft auch bedeutet, dass auf jeden Bauarbeiter ein Aufseher kommt. Ich denke der Reverse-Culture-Shock von genervten Busfahrern und Angestellten, die so wirken, als hätten sie es lieber, ich würde einfach verschwinden, wird es noch bestätigen: Die Japaner als Volk haben auf mich einen sehr sympathischen Eindruck gemacht. Und da vergibt man ihnen auch mal ihren seltsamen kleinen Frankreich-Fetisch...
Two people standing on the shore, looking out towards the water
Seasides
Und was die Kirschblüte betrifft: Believe the hype. Auch für Blütenhasser sind diese Wochen im Frühling wirklich etwas besonderes — allein weil halb Japan komplett in Extase verfällt und unter jeder Kirsche fotografiert, gepicknickt und gefeiert wird.
Two women standing at the shore forming heart-shapes with their hands above the heads, posing for a picture with their backs to the camera
Hearts
Two figures in the distance standing next to each other by the water on a beach, a city skyline at dusk visible on the other side of the water
Goodbye Tokyo — I'll miss you
Okay, ganz fertig bin ich noch nicht — ihr kennt das Prinzip ja schon: Zum Abschluss möchte ich die Gelegenheit nutzen, ein bisschen Kontrastprogramm zu meinen Berichten anzubieten. Deshalb an dieser Stelle...

Leichen im Keller

Menschen, die nur noch als 'Holzklötze' bezeichnet werden, groß angelegte Experimente zur biologischen und chemischen Kriegsführung mit hunderttausenden Opfern, erzwungene Schwangerschaften, Vergewaltigungen und Vivisektion an Menschen ohne Betäubung — leichte Kost ist der Wikipedia Artikel zur 'Unit 731' auf jeden Fall nicht.

Und doch ist es eine gute Erinnerung daran, dass wohl jedes Land seine Leichen im Keller hat — im Falle Japans fehlt für die Kriegsverbrechen im Gefangenenlager im heutigen Nordosten Chinas, die ich hier verkürzt und entschärft aufgeführt habe, aber noch immer eine formelle Entschuldigung.
Zwar hat ein Gericht in Tokyo mittlerweile die historischen Tatsachen anerkannt, für eine offizielle Entschuldigung hält man die Beweislage allerdings zu vage — was auch daran liegt, dass die USA den Ärzten der Unit 731 Immunität im Tausch gegen exklusiven Zugang zu deren Daten gewährten und Berichte über grausame Experimente an Menschen als kommunistische Propaganda darstellten.

Read the article. You'll be depressed afterwards, but read it anyway.