Going Somewhere

Freezing in Frisco
December 28th 2016

19:29, im Nirgendwo zwischen LA und San Francisco

Wüste, Einöde und nicht viel dazwischen: Wir sind seit einigen Stunden mit dem Bus unterwegs nach San Francisco und fahren vorbei an Bergen, ein bisschen Schnee und der ein oder anderen Ölpumpe.
Die chinesischen Touristen im Bus bekommen den westlichen Kapitalismus in Form überzuckerter Burger King Smoothies eingeflößt, während draußen die nächtliche Landschaft vorbeizieht.

In San Francisco angekommen stehen wir vor einem Problem. Genauer gesagt einer Tür — laut AirBnB Beschreibung sollte die offen sein, ist sie aber nicht. Nach halbstündigem Klingeln und Klopfen um kurz vor Mitternacht macht uns endlich jemand auf: Eine Chinesin, die hier auch nur zu Gast ist. Sonst ist anscheinend gerade niemand da.
Immerhin kann sie uns das WLAN Passwort verraten und wir suchen uns den Raum aus, der am ehesten dem Foto aus dem Internet entspricht. In einer Schreibtischschublade finden wir neben alten Postkarten und Einkaufszetteln sogar einen Schlüssel für unsere Problemtür.

Bei Tageslicht und deutlich mehr Makeup sind wir uns bei der Klassifizierung der Asiatin nicht mehr ganz sicher — ein plötzlich weißes Gesicht spricht eher für Koreanerin. Die ominöse Tür war übrigens die ganze Zeit offen, da das uns natürlich überlegene amerikanische Schloss weder einen Griff noch Knauf hat.

12:17

Ich wache auf, Jan sucht auf seinem Tablet schon nach koreanischen Restaurants in der Umgebung. Der winzige Heizlüfter kämpft immer noch gegen arktische Außentemperaturen an und wir haben dementsprechend wenig Motivation, das warme Bett zu verlassen.

Schließlich kommen wir doch aus dem Haus und essen nahe unserer Busstation mexikanisch zu Mittag. Anschließend fahren wir zum Fishermans Wharf — die Touristenfalle San Franciscos. Die Piers hier sind voll mit allerlei Geschäften, Restaurants und sonstigen Attraktionen. So richtig in unser Budget passt hier natürlich nichts.
Zwischen den Menschenmassen, die an uns vorbeiströmen, finden wir auch die einheimische Seelöwenpopulation, die auf kleinen Holzinseln im Wasser die Sonne genießt.
Two seals appearing to fight on a wooden platform in the sea
Revierkampf?
Wo wir gerade bei Sonne sind — die geht, nachdem wir gefühlt gerade erst aufgestanden sind, um 5 Uhr auch schon wieder unter. An der Grenze von Fishermans Wharf zu North Beach finden wir einen schönen Platz auf dem Gelände einer alten Schokoladenfabrik. Hier stehen scheinbar endlose Schlangen vor Schokoladenläden, die wohl ganz besondere Köstlichkeiten zu verkaufen haben.
A glass street lantern against a vibrant orange and red sunset sky
#nofilter
Langsam verschwindet die Sonne ganz hinter dem Horizont und wir laufen auf ein einsameres Pier, das uns ein Stück auf die Bucht hinausbringt. Von hier sehen wir die Golden Gate Bridge, Alcatraz und den wunderschönen Abendhimmel.
A seagull resting on a railing in front of the sea with a sunset sky and the silhouette of a bridge in the background
Golden Gate
Als nächstes verschlägt es uns in die nahegelegene Chinatown — die älteste und größte Nordamerikas und unserer Meinung nach auch die schönste auf unserer Reise (außerhalb Asiens natürlich).
View of a street with parked cars at night, with many signs featuring Chinese characters advertising various businesses
Feels like Hong Kong
Die Straßen mit unzähligen chinesischen Geschäften, Hühnern in den Schaufenstern von Restaurants und viel Neon erinnern uns stark an Hong Kong — wenn nur die Häuser etwas höher wären...
Jan entering an antiques store full of various sculptures and chandeliers
Jan in Wonderland
In einer schmalen, nur spärlich beleuchteten Seitengasse, in die sich anscheinend nur selten ein Mensch verirrt, stoßen wir auf die Golden Gate Fortune Cookie Factory — in einem kleinen Raum an der Straße sitzen drei Chinesen (mit nem Kontrabass?) an einer Art winzigem, gusseisernen Fabrikband und falten Glückskekse. Man bietet uns ein paar ungefaltete Exemplare zum Probieren an und wir kaufen eine gemischte Schachtel mit Keksen verschiedener Geschmacksrichtungen.
Chinese red lanterns hanging across the street from a red brick facade
Lampions mal wieder
Zum Abendessen setzen wir uns in eins der vielen Restaurants, das fast ausschließlich von Chinesen besucht wird — wir werten das als gutes Zeichen. Als Nicht-Asiaten bekommen wir erstmal zwei Gabeln zu unseren Stäbchen, die wir demonstrativ an den Rand des Tisches legen — als ob wir die bräuchten.

Nach dem Essen und einem kurzen Zwischenstopp im Supermarkt wandern wir von der Busstation zu unserem Apartment zurück und müssen feststellen, dass wir gefühlt auf dem höchsten Punkt des hügeligen San Franciscos wohnen — da fühlen sich die Einkaufstüten gleich doppelt so schwer an.