Going Somewhere

Von Dörfern, Reis & Bergen
November 5th 2016

... diesmal mit Jan und Katha

Etwa 11:30

Der Wecker klingelt, Katha steht auf, Jan und ich liegen noch etwas gequetscht im zweiten Bett des Dorms — Sieben Lee Jong Suks beobachten die Szenerie von den Postkarten an der Wand aus. Was könnte es bitte schöneres geben als unter sieben Lee Jong Suks aufzuwachen..?
Nach dem Aufstehen laufen wir zügig zur Highschool, um das Mittagessen (Reis mit verschiedenen Beilagen) nicht zu verpassen. Dort treffen wir auf den Rest der deutschen Freiwilligen, genießen die erste Mahlzeit des Tages und werden von schüchternen Schülerinnen nach unseren WeChat Namen gefragt.
Die Schülerinnen sind im Vergleich deutlich offener als ihre männlichen Klassenkameraden, weshalb dann auch mal schneller nach den WeChat-Kontaktdaten gefragt wird. WeChat ist übrigens sowas wie die chinesische Version von WhatsApp. Jeder benutzt es und wenn nach dem ersten Treffen die Kontaktdaten nicht ausgetauscht wurden, muss schon echt etwas schiefgelaufen sein.

Anschließend geht es nach Fengyan, wo Katha ihre ersten Wochen in China verbracht hat (siehe Kathas Blog): Zuerst mit dem Bus, dann mit einem kleinen dreirädrigen Gefährt und schließlich mit einem der typischen Minivan "Taxis", das uns für umgerechnet 0.4€ bis zur Grundschule Fengyans bringt.
Die Fahrt ist eigentlich schon ein Erlebnis für sich — aber auch von Fengyan hat Katha nicht zu viel versprochen: Das hier ist wirklich ein chinesisches Dorf, wie man es sich vorstellt.
Old, overgrown Chinese stone buildings with decorated roofs
Endlich was wirklich altes
Und dabei ist es auch wahnsinnig schön — kleine, verwinkelte Häuser mit tollen Dachverzierungen, überwucherte Wege und die Berge im Hintergrund. Und obwohl das ganze auf den ersten Blick recht ausgestorben aussieht, finden wir hier Großeltern mit ihren Kindern, alte Frauen, die Wäsche waschen, kleine Verkaufsstände am Straßenrand und gelegentlich einen kleinen Traktor mit Khakifrüchten.
Jan and Katha walking away from the camera on a narrow path through a Chinese village
Wartet mal jemand auf mich?
Jan and Katha walking away from the camera on a small road leading through a village with brick walls and short, tile-roofed houses
... nein.
Hier im Dorf wohnen fast ausschließlich Alte und Kinder — die Erwachsenen im arbeitsfähigen Alter haben ihren Heimatort verlassen, um irgendwo in einer Fabrik Arbeit zu finden und überlassen die Kinder den Großeltern.
Diese Information ist übrigens nicht nachzuweisen. Ich habe auch nur erzählt bekommen, dass es wahrscheinlich so ist.
A faded, once red and blue poster showing an extravagantly clothed bearded figure holding a sword in one hand and a staff in the other
An einer Haustür gefunden
Katha führt uns zum Old House von Greenway, in dem sie vorübergehend gewohnt hat — durch den Türspalt sehen wir ein einfaches, traditionelles, aber sehr schönes Haus, das ich gerne auch von innen gesehen hätte.
An old, grey-brown brick building with a single small window and an arched tile roof with Chinese-style decorations
Ein anderes Haus — Beautiful, isn't it?
Am Haus vorbei folgen wir über lange Treppen einem schmalen Weg ins Hinterland von Fengyan. Zwischen den unzähligen Khakifrüchten, die hier angebaut werden, haben wir einen tollen Blick auf die umliegenden Berge und können uns gar nicht sattsehen.
A small path leading through fruit plantations in a green mountainous landscape
Hinterland mit Khakiplantagen
Hier finden wir auch Zeit für (Trommelwirbel) unseren zweiten V-Log — enjoy.

Nach dem Abendessen bringt uns ein Hochgeschwindigkeitszug (250 km/h, entspricht etwa dem doppelten von Kathas Lauftempo) zurück ins Hostel in Guilin, von wo wir am nächsten Tag unsere Tour in die Reisterassen von Longji starten.

Los geht's schon um 8:30, wir müssen zur Abwechslung also mal echt früh raus. Der Aufwand lohnt sich aber — nach gut zweieinhalb Stunden Minivanfahrt kommen wir an den Reisterassen an und entscheiden uns, die teure Seilbahn durch Treppensteigen zu ersetzen. Laufen können wir ja.
Die Reisterassen von Longji sind übrigens die Touristenattraktion Nr. 1 in Guilin. Trotz des absolut überteuerten Eintrittspreises einen Besuch wert.
A hillside covered in rice-terraces in a green, mountainous landscape
Reisterassen in Alpenlandschaft
Nach den ersten zehn Minuten auf den steilen Felstreppen in der Sonne beginnen wir, an dieser Entscheidung zu zweifeln. Dank Kathas anstrengend schnellen Lauftempo kommen wir nach etwa 45 Minuten Klettern durch wunderschöne Landschaft aber endlich am Gipfel an — Hier sieht es fast aus wie bei uns in den Alpen, nur mit chinesischer Architektur und Reisfeldern.
Zu meinem Lauftempo: Eigentlich laufe ich gar nicht mal so besonders schnell. Nils und Jan sind einfach nur langsam... Glaubt ihr kein Wort!
The wooden roof of a Chinese-style building behind tall grass blowing in the wind
Aussichtspunk am Gipfel
Nach dem Mittagessen erkunden wir die Gegend hier oben, finden zwei schöne Aussichtspunkte und einen kleinen Bauernhof und erholen uns im kühlen Wind bei super Aussicht vom Aufstieg. Wo der goldene Buddha, dessen Schildern wir beim Aufstieg gefolgt sind, zu finden sein soll, bleibt uns allerdings ein Rätsel.
A large red-and-yellow Chinese lantern hanging from a simple wooden singled roof
Zurück im Tal
Genereller Lagebericht

Es sind nun fast 4 Wochen seit Beginn unserer Reise vergangen und Nils und ich finden beide: Es fühlt sich an als seien wir schon ewig unterwegs. Das hat ohne Frage damit zu tun, dass wir schon so unfassbar viel gesehen haben, um so viele Erfahrungen reicher geworden sind, viele nette Menschen kennengelernt haben, uns verlaufen haben und so weiter.
Dabei hatten wir aber vor allem eines: Spaß. Spaß daran, Neues zu erleben, wie auch diesen Blog zu führen und Dinge auf unserer Bucketlist abzuarbeiten.

Wenn wir uns vorstellen, dass in einer Woche (erst) ein Drittel der Reise um ist, stellen wir uns die Frage, ob wir uns dann überhaupt noch an irgendwas zu hause erinnern können. Nein, so schlimm ist es dann doch nicht ;).
Und natürlich bleibt es auch nicht aus, dass man Dinge vermisst. Vor allem vermisst man Tage, an denen man nicht laufen muss und sich ausruhen kann... Aber natürlich auch Familie und Freunde. Selbst Dinge, von denen man nicht dachte, dass sie einem fehlen werden, wie z.B. Auto fahren, vermisse ich.

Und Bäder. Bäder mit richtigen Duschen. Lernt das zu schätzen, gute Duschen sind Luxus!

Unsere Reise besteht aus verschiedenen Teilen, die ja unterschiedlicher nicht sein könnten. Reine Städtereisen, mit dem Zug durch unbekannte Länder und Rundfahrten mit Bussen. Bisher haben wir hauptsächlich Erfahrung mit dem ersten gemacht und sind gespannt, was uns bei den anderen erwartet. Man kann aber dennoch sagen, dass wir das 'schwierigste' Reiseland, China, in ein paar Tagen schon wieder hinter uns lassen werden. Nicht, dass es uns nicht gefällt, es ist nicht nur schwer, sich über Dinge zu informieren (Internetzensur/-geschwindigkeit), sondern auch, sich zu verständigen. Wir sind natürlich gespannt, was wir in den nicht-asiatischen Ländern alles erleben werden. Dabei werdet ihr selbstverständlich alle auf dem Laufenden gehalten!

Bis jetzt haben wir unsere Reise erstaunlich gut und ohne irgendwelche Zwischenfälle gemeistert — wir sind weder krank, noch beklaut worden, sind überall ausreichend verstanden worden und haben noch nichts wichtiges verloren oder kaputt gemacht — hoffen wir mal, dass das weiterhin so bleibt.
Außerdem waren bis jetzt ausnahmslos alle Menschen, die wir getroffen haben — egal ob andere Reisende, Locals, die wir nach dem Weg fragen, AirBnB Hosts, Hostelangestellte, Schüler oder Menschen, die sich viel Mühe geben, unsere Essensbestellungen zu interpretieren — unglaublich nett und hilfsbereit. Wir haben schon wahnsinnig viele Sightseeing Tipps bekommen, ab und an gibt es Essen geschenkt und oft interessiert man sich einfach dafür, wer wir so sind und was wir machen. Ohne all diese Menschen wäre unsere Reise um einiges schwieriger und nicht zuletzt langweiliger geworden. In diesem Sinne: Danke. You're awesome.