Going Somewhere

Menschen, Mangos, Mondpagoden
November 7th 2016

Wir sitzen zu dritt beim Nachmittagssnack in einem kleinen Mangomilk Laden und genießen unsere Smoothies. Im Fenster zur Straße liegen Mangos, aus denen alle Gerichte frisch zubereitet werden. Und während wir so vor uns hinschlürfen, bemerke ich, wie sich ganz langsam eine Handykameralinse über eine der Früchte schiebt, uns kurz beobachtet und dann wieder verschwindet — inklusive der chinesischen Teenager vor dem Fenster.
Was die können, können wir natürlich auch: Am Hauptbahnhof, an dem wir gerade Katha verabschiedet haben, finden wir einen jungen Chinesen mit Deutschlandshirt — hier ein Versuch, unsere Konversation wiederzugeben:

Ah, ni hao! Can we take a picture? Fotogeste mit der Hand
Because — Germany. Zeige auf T-Shirt, dann auf uns
"Uhmmm"
Picture! Jan packt sein Handy aus und öffnet die Kamera
Verwirrter Blick, er holt ebenfalls sein Handy aus der Tasche
Wir machen einfach ein Foto, bedanken uns und lassen ihn leicht verwirrt zurück.
Nils and Jan posing for a picture with a slightly confused looking young Chinese man wearing a T-Shirt with 'Germany' written across the chest
Sieht man die Verwirrung?
Am Abend nutzen wir den Shuttleservice des Hostels um uns die Sonnen- & Mondpagoden in der Innenstadt bei Nacht anzuschauen — was sich auch wirklich lohnt. Aber seht selbst:
Blue- and orange lit Chinese pagodas and their blurred reflections in a lake at night
Eins meiner Lieblingsbilder so far
Anschließend irren wir dank Jans solider Wegführung ein bisschen in die falsche Richtung, bevor wir dann (die Karte war falsch gedreht) am Night Market von Guilin ankommen.
Diesmal brauche ich mich nicht zu rechtfertigen... Wir haben Dank mir doch noch andere Teile der Stadt gesehen, ja?!?
A green and red neon sign reading 'OASIS' with two defective letters on a building at night
Habe ich schon mal erwähnt, dass ich Neon mag?
Hier schlendern wir ein paar Minuten an den verschiedenen Essens- und Souvenirständen vorbei, bis uns das Shuttle wieder abholt.

Guilin & Gongcheng — Fazit

Die beiden Städte — insbesondere Gongcheng — gefallen uns deutlich besser als Shenzhen. Hier wirkt alles echter und chinesischer als im Freizeitparkgeprägten Shenzhen — und irgendwie wirkt die Stadt auch menschlicher. Man merkt wirklich, dass hier Menschen leben und arbeiten: Es gibt unzählige kleine Essensstände, Straßenläden und Verkäufer. Zu jeder Tages- und Nachtzeit schwirren hier riesige Schwärme kleiner Elektromofas um Busse und Autos — jeglichen Verkehrsregeln zum Trotz, aber dennoch erstaunlich unfallfrei. Außerdem gibt es hier ein richtiges Stadtzentrum mit Innenstadt und Fußgängerzonen — wenn es so was in Shenzhen gab, haben wir es zumindest nicht gefunden.
Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass wir hier einen mehr oder weniger Orts- und Chinesischkundigen Guide im Gepäck haben (An dieser Stelle noch mal Danke an Katha!), aber wir lernen hier viel mehr neues kennen, probieren viel unbekanntes Essen und fühlen uns generell wohler hier.
Man muss dazu sagen, dass die Menschen hier eigentlich alle sehr sehr nett sind und man sich keine Sorgen um seine Sicherheit machen muss als Tourist. Zudem ist es auch einfach mal interessant, eine andere Kultur kennenzulernen, sowie Menschen, die doch merklich anders (nicht im negativen Sinne) ticken als Europäer. Das soll natürlich nicht pauschalisieren, aber ich denke mein Punkt ist klar.
Mainland China ist auf jeden Fall eine Reise wert — gerade die Landschaft hier ist unglaublich und auch der Rundgang durch Fengyan hat mich nachhaltig beeindruckt. Hier ist alles so anders als in Europa, dass selbst der Alltag zum Erlebnis wird.
Würden wir nochmal hier herkommen? Mit ein paar Chinesischkenntnissen? Warum nicht?

China — Fazit

Kommen wir zum politischen (Das ist eigentlich mein Part :( ) — Wie ihr alle wisst, ist China faktisch eine ein-Parteien Diktatur. Und auch wenn man das hier, abgesehen von kleinen Mao-Anhängern an der Windschutzscheibe eines Taxis, nicht immer merkt, steht es in China nicht gut mit Themen wie Menschenrechten, Demokratie oder Folter.
Was wir persönlich, neben der weitreichenden Internetzensur, am meisten gemerkt haben, ist aber ein eher kulturelles "Problem": Die Haltung von Tieren hier ist für uns Europäer sehr... fragwürdig. Wir sehen lebende Schildkröten, die an einer U-Bahn Station zwecks Werbung an einem Stock umhergeschwenkt werden, ebenfalls lebendige Schweine in Holzkäfigen, die so eng sind, dass die Tiere nicht einmal aufstehen können, sowie viele Hühner in winzigen Käfigen am Straßenrand — Bio-Tierhaltung ist das zumindest nicht.
Wer sich zu China noch weitergehend informieren möchte, kann die folgenden zwei Artikel über Menschenrechte und die Proteste am Tiananmen Square — dem "Platz des Himmlischen Friedens" lesen:

China 2015/2016 — amnesty.com

Tiananmen Square Massacre — time.com

Uuund abschließend zwei Dinge, die man in China nicht tun sollte:
Es lohnt sich hier schonmal nicht, auf die Ampel zu warten — Grün oder Rot, Anarchie herrscht so oder so.
Außerdem sollte man nicht mit der Erwartung in einen Supermarkt gehen, echten O-Saft zu finden* (oder normalteure Schokolade ohne elektronischen Diebstahlschutz).

*Hier als Bonus die optimale Taktik zum Saftfinden:
1. Jeder Flasche im Kühlregal wird ein Wert zugeordnet, der sich aus [Prozentsatz der Zitrusfrüchte an den Bildern auf der Verpackung] * [Höchste prominent aufzufindende Prozentzahl auf der Verpackung]^2 ergibt
2. Die Flaschen werden mental nach ihrem Wert geordnet
3. In absteigender Reihenfolge werden die Getränke durchprobiert

Nach einem Fehlschlag bei 30% (Viel zu viel Süßstoff) liegt mein China-Maximum jetzt bei 12% Fruchtgehalt mit dem Geschmack von etwas gesünderer Limonade.
Nils ohne Orangensaft — nicht vorstellbar.