Freedom is not free
Neben ein paar Boden-Luft-Raketen hängt Werbung für die Yongsan Baby Expo — wir befinden uns am War Memorial of Korea, wo wir unter dem Motto "Freedom is not free" eine Propagandafassung des Koreakriegs präsentiert bekommen:
Japanische Besatzung, Unabhängigkeit, Aufrüsten im Norden, Demokratie im Süden, Überfall des Nordens, Rückzug nach Busan, US-Koreanische Gegenoffensive, Überschreiten des 38. Breitengrades, Kriegseintritt des kommunistischen Chinas, erneuter Rückzug, Waffenstillstand — alles mit Betonung auf Waffen, Offensiven, Ruhm, Ehre & Freiheit.
Außerdem gibt's die Limousine von Kim Il-Sung und sonstiges Militärgerät zu bestaunen.
Trotz teilweise sehr übertriebener Theatralik ist das Museum eine interessante Erfahrung — inklusive der Babymesse unter an der Decke hängenden Kampfflugzeugen.
Die südkoreanische Propaganda war auch für uns doch sehr interessant anzusehen. Über eine Inselgruppe, über die sich mit Japan gestritten wird, wird hier überall berichtet.
Eine Million Tropfen
Vielleicht habt ihr es ja in den Nachrichten mitbekommen, aber falls nicht: In Seoul finden gerade die größten Proteste des Jahrhunderts statt — die Korea Times berichtet aktuell von einer Millionen demonstrierenden Koreanern auf der Straße.
Ich setze das kurz in Perspektive: Wenn wir in Frankfurt protestieren würden, würden wir das nicht schaffen, selbst wenn wirklich jeder mitmacht.
Leider ist die Statistik der Korea Times nicht ganz richtig — wir kommen auf 999.998 Koreaner und 2 Deutsche. Wir sind nämlich mittendrin — Freedom is not free, after all.
Wir bekommen ein Schild mit politischen Forderungen fraglicher Radikalität geschenkt und zusammen mit den Kerzen, die wir auch bekommen haben, sind wir richtig gute Demonstranten: Man fragt uns, wo wir herkommen, macht Fotos und bedankt sich dafür, dass wir heute hier sind.
Falls das die Präsidentin liest, soll sie wissen, dass wir es nicht als offenen Mordaufruf meinen...
Die Atmosphäre hier ist — und bleibt — sehr friedlich und positiv: Es spielt Live Musik, man zündet sich gegenseitig Kerzen an, Familien mit Kindern, Jugendliche und Senioren stehen Seite an Seite auf den Straßen, schwenken Flaggen, Schilder oder Kerzen — und wir haben das Gefühl, wirklich Teil von etwas zu sein: Ein Tropfen im Ozean, ein Lichtpunkt auf dem Foto — aber immerhin etwas.
Der Protest bewegt wirklich eine ganze Nation, und das merkt man auch. Es hat etwas von Volksfeststimmung — riesige Trucks, die mit Internet versorgen sollen, mittendrin — Südkorea eben.